🗓 18.07.23 👤 Natalie Wendt

4 Ernährungsmythen aufgeklärt – mit KoRo Spezialist Aljosha Muttardi

Wer sich vegan ernährt, nimmt nicht genug Protein zu sich, Fleischersatzprodukte sind ungesund und Veganer:innen essen eh nur Rohkost! Damit Du bei der nächsten Familienfeiern mit genug Gegenargumenten gewappnet bist, hat sich KoRo-Spezialist und Vegan-Aktivist Aljosha Muttardi 4 verbreitete Ernährungsmythen mal genauer angeschaut:

4 Ernährungsmythen aufgeklärt – mit KoRo Spezialist Aljosha Muttardi

Mythos: Fleisch ist voller Medikamente und Hormone!

Stimmt das?! Ja, aber:  Sowohl die geringen Medikamentenrückstände als auch die natürlich vorkommenden Hormone im Muskelfleisch sind für den menschlichen Körper höchstwahrscheinlich unbedenklich. 

Hier kommt ein Aber: In Deutschland muss ein Schwein, das bis zu 110 kg wiegt, mindestens 0,75 m2 Platz haben.Um sich das vorstellen zu können: Das bedeutet, in einer 100 m2-Wohnung würden bis zu 133 Schweine reinpassen! Diese Enge ist natürlich eine Brutstätte für Erkrankungen. Somit ist der Einsatz von Antibiotika quasi „normal“ in der Massentierhaltung und ein prophylaktisches Mittel, da Tiere sonst zu früh sterben und keine „Nutzen“ mehr erfüllen. So wurden 2021 in Deutschland 601 t Antibiotika für Rinder, Hühner, Puten und alle anderen Tieren in der Massentierhaltung genutzt.

Das wiederum führt zur großen Problematik der multiresistenten Keime. Also Bakterien, die gegen die wichtigsten Hauptgruppen der Antibiotika resistent sind. Die WHO hat 2019 festgestellt, dass antibiotikaresistente Keime eine der zehn Bedrohungen für die globale Gesundheit sind.3 Laut des Robert Koch-Instituts sterben in Europa jährlich 30.000 Menschen an den Folgen von multiresistenten Keimen.4 Kurz zusammengefasst: Ja, die Medikamentenrückstände im Fleisch sind ein Problem!

Mythos: Eine vegane Ernährung ist ungesund.

Pauschal zu sagen, dass eine vegane Ernährung ungesund ist oder eine Mangelernährung hervorrufen kann, stimmt erstmal nicht. In erster Instanz ist Veganismus eine rein ethische Lebenseinstellung. Das heißt, es geht dabei darum, jegliche Ausbeutung von Tieren zu boykottieren und sich für Alternativen auszusprechen. Es ist keine Diät und es hat nicht immer etwas mit der Umwelt zu tun. Das sind positive Nebeneffekte, aber mehr auch nicht. 

Was gemeint ist, ist eine pflanzliche Ernährung. Was wir aber anstreben sollten, ist eine vollwertige pflanzliche Ernährung, die nicht nur in allen Stadien des Lebens (z. B. auch in der Schwangerschaft) möglich ist, sondern auch gesundheitliche Vorteile bieten kann. 

Es ist natürlich wichtig, auf die Zufuhr bestimmter Nährstoffe zu achten: B12 ist zum Beispiel ein essenzieller Nährstoff, den ihr als vegan lebende Menschen supplementieren solltet. Aber: Ernährung ist nicht nur ein sehr komplexes Thema, mit dem sich generell alle Menschen auseinandersetzen sollten, sondern auch etwas, was je nach Person sehr unterschiedlich ist.

Mythos: Vegane Fleischersatzprodukte sind ungesund.

Ihr habt es sicher schon einmal gehört: „Habt ihr mal auf die Zutatenliste von diesen veganen Produkten geschaut?! Wie lang diese Liste ist? Das stecke ich mir nicht in den Körper!“

Nochmal vorweg: Veganismus ist eine rein ethische Bewegung. Dabei geht es darum, jegliches Tierleid zu boykottieren und sich für Alternativen auszusprechen. 

Jetzt zum Thema: Bei Fleischalternativen geht es vor allem darum, Menschen den Umstieg zum Veganismus leichter zu machen. Die meisten Fleischalternativen bestehen aus einer Proteinbasis, zum Beispiel Erbsen und Soja. Dann brauchen wir einen Geschmacksträger, wie zum Beispiel Rapsöl oder Sonnenblumenöl. Dann kommen meistens noch Gewürze und/oder Geschmacksverstärker hinzu. Und wie fast immer im Leben gilt: Die Dosis macht das Gift! 

Natürlich sollten wir uns nicht jeden Tag nur von Fleischalternativen ernähren, sondern auch viel frisches Obst und Gemüse sowie wenig verarbeitete Produkte essen. Schaut man aber mal auf verarbeitetes Fleisch, wie Wurst: Hier hat die WHO bzw. die internationale Agentur für Krebsforschung zum Beispiel festgestellt, dass der tägliche Verzehr das Risiko an Kolorektal­karzinomen (Krebs) zu erkranken um 18 % erhöht.5 6

Zusammengefasst kann man sagen, dass vegane Alternativprodukte eine ethische Alternative darstellen, aber keine gesundheitliche. Versucht also eher viel frisches Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und wenig verarbeitete Produkte zu essen.

Vegane Bratwurst

Auch diese vegane Bio Bratwurst stillt den Appetit auf Deftiges.

Mythos: Veganer*innen fehlt es an Proteinen.

„Ah, du lebst vegan – fehlen dir da nicht Proteine? Haben vegane Proteine nicht auch minderwertige Qualität?“ Okay, langsam! Eins nach dem anderen! 

Proteine, auch Eiweiße genannt, bestehen aus essenziellen und nicht-essenziellen Aminosäuren. Die essenziellen müssen wir extern über die Nahrung zuführen, weil der Körper sie nicht selbst herstellen kann. Bei den nicht-essenziellen ist das nicht nötig. Alle Aminosäuren kommen ursprünglich aus Pflanzen. Insofern schon mal eine Entwarnung: Wenn ihr vegan lebt, könnt ihr im Normalfall als durchschnittliche erwachsene Person problemlos7 euren Proteinbedarf decken. Da jeder Körper aber anders ist, kann dies von Person zu Person unterschiedlich sein. 

Die Qualität der Proteine meint die biologische Wertigkeit. Das bedeutet die Effizienz, mit der der Körper die Proteine in körpereigene umwandeln kann. Je ähnlicher Lebensmittel den körpereigenen sind (also tierische Proteine), desto hochwertiger, weil effizienter. 

„Das bedeutet jetzt, dass pflanzliche Proteinquellen ineffizient und somit schlechter sind, oder?“ Nein, natürlich nicht. Durch das Kombinieren pflanzlicher Lebensmittel decken wir das Aminosäure-Spektrum der essenziellen Aminosäuren gut ab. In der Regel sollte unser Essen ja eh bunt aussehen und wir sollten pflanzliche Lebensmittel kombinieren.8

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 0,8 bis 1 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Sehr gute pflanzliche Proteinquellen sind:

  • Sojabohnen (34 g Protein/100 g)
  • Linsen (24 g Protein/100 g)
  • Erbsen (23 g Protein/100 g)
  • Mandeln (25 g Protein/100 g)
  • Kürbiskerne (35 g Protein/100 g)

Rote Linsen

Proteinpower: Rote Linsen 

Diese fünf Lebensmittelgruppen solltest Du versuchen jeden Tag in Deine Ernährung einzubauen

Das ist natürlich nur eine Übersicht und kein Garant für eine gesunde Ernährung: 

  1. Relativ easy aber auch sehr, sehr wichtig: Viel frisches Obst! 
  2. Geht damit Hand in Hand: frisches Gemüse! Von beidem essen wir in Deutschland deutlich zu wenig. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt „Fünf am Tag“. Was bedeutet das? Fünf Portionen Obst und Gemüse täglich, heißt grob fünf Hände voll. Das ist nur eine Empfehlung, aber meiner Meinung nach auch eine gute Orientierung, wie viel wir eigentlich am Tag an Obst und Gemüse essen sollten. 
  3. Auf Platz drei folgen Vollkornprodukte. Sie enthalten, wie der Name schon sagt, das volle Korn. Das heißt, die Schale wird am Korn gelassen, denn sie enthält sekundäre Pflanzenstoffe und auch Ballaststoffe. 
  4. Weiter geht es mit Hülsenfrüchten, wie zum Beispiel Linsen oder Bohnen. Ihr kennt den Spruch sicher: Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen. Heißt: Furzalarm! Denn Hülsenfrüchte enthalten viele Ballaststoffe, die gut für die Darmgesundheit sind. Ebenso enthalten sie viel Eiweiß und sind generell reich an Nährstoffen. Versucht deshalb, Hülsenfrüchte jeden Tag in Euren Speiseplan einzubauen. 
  5. Und zum Schluss: Nüsse und Samen. Dabei könnt ihr auf Nussmus zurückgreifen oder auch mit Nüssen und Samen Euren Salat aufpeppen. Sie sind reich an ungesättigten Fettsäuren, Eiweiß, B-Vitaminen und Mineralien. 

Lebensmittelgruppen

Die wichtigen Lebensmittelgruppen: Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse und Samen. 


Quellen

1 https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/schweine/schweine.html
2 https://www.peta.de/themen/antibiotika-massentierhaltung/#:~:text=und%20routinem%C3%A4%C3%9Fige%20Anwendung.-,Wie%20viele%20Antibiotika%20werden%20in%20der%20Massentierhaltung%20eingesetzt%3F,zum%20Vorjahr%20wieder%20leicht%20an.
3 https://www.who.int/news-room/spotlight/ten-threats-to-global-health-in-2019
4 https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Krankenhausinfektionen-und-Antibiotikaresistenz/FAQ_Liste.html
5 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/64572/WHO-Behoerde-stuft-rotes-Fleisch-und-Wurst-als-krebserregend-ein
6 https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/who-verarbeitetes-fleisch-krebserregend-12300
7 https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/faqs-vegane-ernaerung/#c3370
8 https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/faqs-vegane-ernaerung/#:~:text=Protein%20gilt%20bei%20veganer%20Ern%C3%A4hrung,vegane%20Ern%C3%A4hrung%20gew%C3%A4hrleistet%20werden%20kann

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